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Kippt gerade die Corona-Stimmung?

Der Coronavirus und die entsprechenden Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung inklusive Ausgangsbeschränkungen hat mein Leben und das der meisten anderen Österreicherinnen und Österreicher massiv umgekrempelt. Und ich war bisher auch der Meinung, dass die Regierung sämtliche Maßnahmen logisch und plausibel kommuniziert hat; und auch immer entsprechend erklärt hat, warum es jetzt notwendig sei sich einzuschränken und nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Vor allem die besonnene Art von unserem Gesundheitsminister Rudi Anschober, aber auch die unaufgeregte und sehr sachliche Kommunikation von unserem Kanzler Sebastian Kurz waren für mich eine positive Überraschung. Vor allem beim Bundeskanzler, der eher dafür bekannt ist populistisch zu agieren. Ich bin da mit meiner Einschätzung nicht alleine, auch Stephan Ozsvath (ARD Wien und Südosteuropa-Korrespondent erzählt ähnlich positiv über die beiden im Wochendämmerungs-Podcast vom 20. März 2020). Und in meiner Filterblase habe ich auch das Gefühl, dass die Maßnahmen allesamt mitgetragen werden und auch befürwortet werden. Laut einem Bericht vom ORF vom 15.3. (leider zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr abrufbar, da nach 7 Tagen depubliziert wird) haben 4 von 5 Österreichern die Maßnahmen mitgetragen. Auch das spricht für die sehr gute Kommunikation, die geleistet wird.

 

Diese Woche hat die Regierung aber zum ersten Mal aus meiner Sicht Fehler in der Kommunikation der verschärften Maßnahmen gemacht und zwar so sehr, dass ich gerade das Gefühl bekomme, dass diese positive Gefühlsstimmung gerade kippt und ich mir meinen aufkeimenden Frust von der Seele schreiben muss.

Was ist passiert:

Am Montag, 30. März gibt die österreichische Bundesregierung bekannt, dass ab Mittwoch, 1. April 2020 Masken im Supermarkt verwendet werden sollen und man ohne diese nicht mehr den Supermarkt betreten soll.

Am Dienstag, 31. März gibt Bildungsminister Faßmann bekannt, dass die Schulen in Österreich auch noch den ganzen April geschlossen bleiben werden. 

 

Was mich hier an diesen Meldungen stört sind nicht die eigentlichen Tatsachen, sondern, dass was daraus entsteht bzw. was eben nicht kommuniziert wird. Ich versuche da jetzt mal meine Emotionen unter Kontrolle zu bekommen und alles mal aufzuarbeiten.

 

Zur Maskenpflicht: Das Masken bei der Bekämpfung der Verbreitung einen Beitrag leisten können ist mir durch den vielzitierten NDR-Podcast bereits seit 23. März bekannt. Es ist aber auch bekannt, dass es einfach nicht genug Masken gibt. Und wie die Logistik und die Kostenübernahme aussehen soll, ist wohl auch nicht geklärt. Diejenigen, die das schlussendlich abwickeln sollen, scheinen ebenfalls zeitgleich mit der Bevölkerung informiert worden zu sein, was für deren Abwicklung der schiere Wahnsinn sein muss.

Ich schreibe diese Zeilen am Abend des 1. April und weder im heimischen Supermarkt wurden Masken verteilt oder haben Einkäuferinnen und Einkäufer welche getragen, noch hat die patrouillierende Polizei welche im Auto getragen. Am Tag 1 hat also mal nichts geklappt. Noch einmal, ich verstehe, warum das mit den Masken eine gute Sache sein kann. Zumindest da wo viele Leute sind, das dauerhafte Tragen, wenn man draußen ist, so wie es bereits seit einiger Zeit in Tschechien gehandhabt wird, scheint da eher keine so brillante Idee zu sein. Was mich ärgert ist, dass man in der Kommunikation gleich mal den Holzhammer auspackt und sagt ab Mittwoch ist es so, um dann später den 6. April festzulegen, ohne überhaupt zu wissen, ob das ganze logistisch überhaupt umsetzbar ist. Ich kann mich erinnern, als vor 2 Wochen beschlossen wurde, dass die Restaurants zusperren sollten, war das noch anders. Da wurde am 13. März kommuniziert, dass Restaurants ab Montag, 15 Uhr geschlossen sein werden, nur um am Montag dann zu verkünden, dass die Maßnahme gut angenommen wurde und man jetzt ab Dienstag alle Restaurants komplett schließe. Eigentlich ein Wahnsinn wenn man drüber nachdenkt, wie schnell das ging. Sonntag konnte man noch ganz normal Essen gehen, Montag bis 15 Uhr, Dienstag nicht mehr. Und die Bevölkerung hat das mitgetragen, weil alles schrittweise und logisch erklärt wurde. Jetzt bei den Masken ist es jetzt einfach so und es funktioniert nicht. Besser hätte ich gefunden, wenn man am Montag verkündet hätte: Masken sind ein sinnvoller Beitrag, um seine Mitmenschen - nicht sich selbst - zu schützen. Wir fordern sie daher dazu auf nach Möglichkeit eine Schutzmaske beim Einkaufen zu tragen. Ebenso würden wir die Supermärkte dazu auffordern Sie beim Tragen entsprechend zu unterstützen. Vielleicht hätte es dann ein paar Supermärkte gegeben, die dafür Geld genommen hätten, sofern es überhaupt Masken gegeben hätte. Viel mehr, denke ich aber, dass sobald einer das ganze kostenlos macht, alle anderen mit ins Boot geholt hätte. Und zeitgleich wäre ich über Social Media massiv Kampagnen und Best Practice Cases gefahren in Supermärkten im Sinne von: Der Supermarkt in X hat sie bereits voll im Einsatz, Anna und Fritz haben keine bekommen, aber haben eine selbst gebastelt. usw usf. 

Und - ähnlich wie bei den Restaurants - hätte man nach ein paar Tagen dann sagen können, die Maßnahme mit den Masken wird gut angenommen, ab jetzt machen wir aus dem Gebot eine Verpflichtung per Verordnung. Da hätte ich nichts gesagt, sondern wahrscheinlich noch geklatscht und geschaut, ob ich eine Joker-Grinsegesicht-Schutz-Maske selbst basteln kann. So frage ich mich aber, wo ich die Maske herkriegen soll, mein Supermarkt hat nämlich offenbar keine. Und ob ich für die Kinder auch welche in der richtigen Größe kriege. Und was der Scheiß überhaupt soll, wenn "die da oben" wollen, dass ich welche trage, dann "müssen's das halt auch auf die Reihe kriegen". So ein mentaler Widerstand in der aktuellen Krise zieht aber nur runter und bringt niemandem was. 

 

Die Sache mit den Schulen betrifft mich irgendwie nicht, weil ich keine schulpflichtigen Kinder habe, irgendwie aber indirekt schon und regt mich sogar fast noch mehr auf. Aber eher auf einer sehr unsachlichen unlogischen Ebene, weshalb ich mich hier jetzt mit Links sehr stark zurückhalten werde, weil ich vieles mit Fakten nicht untermauern kann. Ist halt so mit Emotionen. Ich versuche das ganze mal in Worte zu fassen. Wir Eltern sitzen in der scheisse unter zwar richtig. Unsere Kinder dürfen ihre Freunde von einen Tag auf den anderen nicht mehr sehen, und auch ihre Großeltern nicht mehr. Sie haben "nur mehr" ihre Eltern, 24 Stunden am Tag. Und die sollen aber eigentlich im Home-office ganz normal weiter arbeiten. In meinem Fall sieht das so aus: Meine 5-Jährige geht nicht mehr in den Kindergarten und ihr fällt die Decke am Kopf. Meine Frau kämpft sich tapfer und bewundernswert mit Bastelarbeiten durch den Tag, während der 1,5 jährige Sohnemann jetzt auf einmal den ganzen Tag die Mama teilen muss und nicht versteht, warum alle mies gelaunt sind. Und warum der Papa zwar da ist, aber den ganzen Tag in seinem Zimmer verschwindet. Er kann natürlich nicht in Worte fassen, aber er schreit sich seit Tagen immer wieder mal die Seele aus dem Hals, was er sonst nie getan hat und ist kaum zu beruhigen. Und ich soll im Kinderzimmer meine Telefonkonferenzen per Skype und Teams abwickeln, obwohl ich wegen überlasteter Server dauernd rausfliege und soll gleichzeitig noch engen Kontakt mit den Kunden aufrecht erhalten, weil wir ja wissen müssen, ob deren Liquidity eh nicht gefährdet ist. Und dass alles von einem fucking Kinderzimmer aus mit schreiender Familie nebenan. Und in Wahrheit geht es mir hier noch gut. Meinen Kindern ist "nur" langweilig, wir müssen nicht auch noch Lehrkräfte spielen. Denn eigentlich sollte während der Schulschließung nur wiederholt werden. In Wahrheit erzählen mir aber befreundete Eltern, dass die Mitarbeit zur Note zählt, in Einzelfällen sogar die Endnote bildet. Und das jetzt, wo die Schulschließung verlängert wird auch neue Inhalte gemacht werden, die dann wohl die Eltern neben Homeoffice und sonstigem Wahn auch noch vermitteln müssen. Und jetzt kommt ein Szenario an das ich eigentlich gar nicht denken möchte, dass aber seit gestern in meinem Kopf ist: Was passiert denn, wenn die Wirtschaft erfolgreich bei der ÖVP netzwerkt und die Schließungen der Geschäfte gelockert wird und plötzlich nach Ostern alle wieder arbeiten, wertschöpfen und vor allem konsumieren sollen. Argumente hätte die Wirtschaft, schließlich ist sie Arbeitslosigkeit seit heute auf dem höchsten Punkt seit 1946. Wie soll dann Kinderbetreuung, Kinderunterricht und Arbeit genau funktionieren? Und das in einer Welt in der es in den meisten Familien sowieso zwei Einkommen braucht, um durchzukommen bzw. nicht bei Pensionsantritt in die Altersarmut zu rutschen? 

Auch hier: Was würde ich anders machen: Der Social Gap darf nicht aufgehen. Überforderung der Eltern, sprachliche Defizite oder simples fehlendes Equipment darf nicht ausschlaggebend sein, ob Kinder eine Klasse bestehen oder nicht. Wir als Gesellschaft haben uns dazu entschlossen, diesen Virus zu bekämpfen, koste es was es wolle. Dann dürfen diese Kinder aber nicht die Verlierer sein. Daher: Kein neuer Stoff, nur Wiederholen des alten. Wenn es nichts zu wiederholen mehr gibt, dann werden die Ferien vorgezogen, damit die Eltern zumindest beim "Unterrichten" entlastet sind. Ich prognostiziere, dass die Sommerferien sowieso heuer ausfallen. Wir als Gesellschaft sind so ängstlich, niemand wird heuer viel verreisen, schon gar nicht ins Ausland. Außerdem haben viele ihren Job verloren, oder Angst den Job zu verlieren und fahren daher sowieso nicht weg. Und einige Unternehmen haben sowieso die Mitarbeiter auch schon in Urlaub geschickt, weshalb sowieso nicht mehr alle ihre 2-3 Wochen Urlaub nehmen können, weil sie schlicht und ergreifend keine frei verfügbaren Urlaubstage mehr haben.

Daher Ferien ab Mai, bis die Intensivfälle auf einem für unser Gesundheitssystem kontrollierbarem Niveau sind und dann ab in die Arbeit für die Eltern und ab in die Schule für die Kinder - Stoff nachholen. Keinesfalls kann man Arbeit und Schulen separat sehen. Eltern können entweder Arbeiten, oder die Kinder betreuen und unterrichten, aber nicht beides.

 

So, und mir geht es jetzt tatsächlich viel besser, jetzt wo ich das mal los geworden bin. Dann hoff ich mal, dass mein Internet dieses Mal hält und ich auch auf posten drücken kann.